1. Trimester

Mir war schon seit Jahren oft übel, aber als dann auch noch die Brüste anfingen weh zu tun, war es eigentlich klar.

Ich machte direkt einen Termin in der Schwangerenambulanz der Uniklinik Bonn und eine super liebe Ärztin machte einen Ultraschall. Da war er, der kleine Punkt der bebte... ein Herzschlag. Ich war schon in der 8ten Woche.

Es folgten Termine mit der Oberärztin, die mir sagte, sie müsse sich auch erstmal über meine Erkrankung erkundigen, denn: sie hatte noch nie eine Patientin mit SMA. Grundsätzlich hielt sie es aber für möglich.

Meine Hausärztin kennt mich mein ganzes Leben, hat ewig viele Krankheiten und Tests mit mir durchgestanden und mir 2 Millionen Fragen in meinem Leben beantwortet. Ich bin mir sicher, dass sie mir auch das ein oder andere Mal das Leben gerettet hat. Sie ist einfach einer der tollsten Menschen, ich schätze sie sehr! Ihr stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Sie rechnete damit, dass meine Lunge das nicht schaffen könnte, dass ich beatmet werden müsste, wenn der Bauch wächst. Auch ging sie davon aus, dass ich spätestens ab dem 6ten Schwangerschaftsmonat im Bett liegen müsste, weil der Bauch zu schwer für mich werden würde. Möglicherweise müsste ich sogar wochenlang im Krankenhaus liegen. Mal abgesehen davon, was nach der Schwangerschaft von meinem Körper übrig bleiben würde.

Beim nächsten Termin in der Uniklinik hatte die Oberärztin Informationen gesammelt.

In den letzten 70 Jahren gab es 150 dokumentierte Fälle von Schwangeren mit SMA. Allerdings wurden hier alle Formen von SMA erfasst, auch die, die erst mit 30 auftritt. Das heißt, es wurden Menschen erfasst, die schwanger waren, bevor sie überhaupt Symptome der Erkrankung hatten. Nicht hilfreich! Wer macht solche Studien...?!

Aber Fälle von ähnlichen Erkrankungen verliefen ganz gut, sagte sie. Es wäre davon auszugehen, dass ich 30% meiner restlichen Kraft verlieren würde und ich sollte Herz und Lunge checken lassen. Der Kardiologe war begeistert von meinem Herz, top gesund! Das ich nur noch 36% Lungenvolumen habe war vorher klar, einmal im Monat sollte ich zum Lungenfunktionstest und dann würde man sehen, was passiert.

 
Aber mir ging es gut und ich bin stur, also beschloss ich einfach, dass es mir weiterhin gut gehen würde. Glaube versetzt ja bekanntlich Berge.

2. Trimester

und dann...

bis zur 13ten Woche war alles super. Ich konnte besser Essen und besser Schlafen als vor der Schwangerschaft und war sehr happy. Ich wollte es keinem sagen, solange ich es verstecken konnte, denn ich wusste, dass sich keiner freuen würde. Sie würden mir Vorwürfe und vor allem sich  selbst Sorgen machen und ich wollte es solange in Ruhe genießen, wie ich irgendwie konnte.

Ich dachte ich bin tot

In der 13ten Woche fuhren wir von Koblenz nach Hause, als mir schwindelig wurde. Ich sagte meinem Mann ich müsste was trinken und er sollte rechts ran fahren. Kaum stand das Auto still, blitzte es vor meinen Augen - dann wurde es dunkel. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. In der Entfernung hörte ich ihn noch reden und dann zog mein Leben an mir vorbei... dann war da nichts mehr. Ich dachte, ich bin tot.

Als ich wieder aufgewacht bin, sagte mein Mann, dass ich blau angelaufen bin und gekrampft habe. Auf dem Weg ins Krankenhaus war ich am lallen.

Und dort war es wie immer: die Ärzte hatten keine Ahnung! Und da ich vor Ort keine Symptome hatte, taten sie nichts. Ich sollte in ein anderes Krankenhaus fahren, welches eine Neurologie-Station hat, aber ich wusste genau, dass dort auch keiner etwas mit mir anzufangen wusste. Also fuhren wir Richtung  Zuhause. Kurz vor der Ankunft ging mir blöderweise wieder das Licht aus, nicht ganz so schlimm wie zuvor, aber trotzdem nicht witzig. Also fuhren wir ins nächste Krankenhaus. Dort wusste auch keiner was das Problem war, ich sollte am nächsten Morgen zum Neurologen. Ich konnte sie aber davon überzeugen einen Ultraschall zu machen, denn das Wichtigste für mich war, das es dem Kind gut ging! Zum Glück war alles in Ordnung.


Am nächsten Morgen fuhren wir in die Uniklinik und die Oberärztin holte einen Neurologen dazu. Der stellte fest, dass es eine konvulsive Synkope war und es immer wieder passieren konnte. Aber es ist nie wieder passiert.

Osterei

Kurz nach Ostern habe ich Geburtstag und wir machten ein Gender-reveal-Video. Weil meine Schwester selber ein Baby hat und Corona war, war sie nicht dabei.
Meine Eltern hatten jeweils eine Rauchkanone und mein Bruder hielt einen mit Konfetti gefüllten Ballon.

eins... zwei...drei... wir waren in blauen Rauch und Konfetti gehüllt. Its a boy ♡♡♡ 

 

 

Schlechtes Timing

Mein Dad hat 5 Tage nach mir Geburtstag. Am Abend vorher hatte ich unter der Dusche gemerkt, dass mein linkes Bein eine seltsame Farbe annahm und dick war. Dicke Beine in der Schwangerschaft waren bei 30 Grad nicht ungewöhnlich, aber es war nur eins und das schwoll nicht mehr ab... nicht gut!

Meine Hausärztin und die Oberärztin wollten beide, dass ich von Beginn der Schwangerschaft an Thrombose Spritzen nahm. Da ich aber sehr schmerzempfindlich bin, habe ich sie auf dir 20 SSW rausgehandelt. Es war Donnerstag, am nächsten Tag hatte ich den Frauenarzttermin um die Thrombosespritzen abzuholen. Tja zu spät... 

Nachdem wir gemütlich Kaffee&Kuchen bei meinen Eltern hatten, fuhr ich zu meiner Hausärztin wegen dem Bein und sie schickte mich nach einem positiven Schnelltest sofort in die Notaufnahme.

Die Ärztin dort war noch total entspannt und sagte, als sie vor kurzem Mutter wurde, war es genau so und dann hatte sie doch keine Thrombose. Als sie den Ultraschall in meine Hüftbeuge legte, fiel sie fast vom Stuhl vor Schreck. Ich sah einen Tischtennisball großen Klops in meiner Vene. Sie ging bis hoch zum Bauch und konnte nicht mal mehr das Ende der Thrombose finden. Wegen meiner Fibromyalgie gingen keine Stützstrümpfe, worüber ich ganz froh war. Also gab es höchstmöglich dosiertes Clexane alle 12 Stunden. Was ein Mist...


3. Trimester

Mir ging es einfach total gut. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann es mir das letzte Mal so gut ging. Ich genoss es endlich mal normal essen zu können, Lust auf Essen zu haben. Und da ich Nachts schlafen konnte, konnte ich auch früher in den Tag starten.

Klar, so langsam wurde ich ganz schön rund. Aber meine Assistenten konnten mich immer noch gut heben und mir passten auch bis auf Leggins in XS noch all meine Klamotten. Ich hatte vermutlich nicht mehr Probleme als andere Schwangere.

Es galt sich langsam darauf vorzubereiten, wie die Geburt verlaufen sollte. Das war der Moment, vor dem ich Angst hatte. Ich wusste nicht, wovor ich mehr Angst hatte: davor, dass aufgrund meiner Skoliose eine Vollnarkose nötig wäre und ich von der Beatmung nicht mehr los komme, oder davor, eine Spinalanästhesie zu bekommen und Querschnittsgelähmt zu werden.