Geburt

Der Deal war, dass ich solange wie ich kann durchhalte und einen Kaiserschnitt bekomme, sobald ich nicht mehr kann. Bestenfalls würden wir die 34 SSW erreichen, vermuteten die Ärzte.

Als ich dann nicht mehr konnte, wollte ich eigentlich am Dienstag, den 4.8., entbinden. Meine Ärztin fragte mich, ob wir nicht 2 Tage länger warten wollten, denn dann wäre es die 34 SSW und ehrgeizig wie ich bin, stimmte ich zu. Da die OP früh Morgens sein sollte, sollten wir schon Mittwochs einchecken.

Gesagt, getan. Wir fuhren also Mittwoch nachmittags in die Uniklinik. Erst wurde uns gesagt, das Zimmer wäre noch nicht bereit, wir sollten eine Runde spazieren gehen. Dann hieß es, die OP müsse verschoben werden, da kein Platz auf der Kinderstation frei wäre. Später erfuhren wir, dass es zwar Platz gab, aber kein Personal...

 

Für uns war das wirklich schlimm, denn ich war schon am Ende meiner Kräfte und alleine die Fahrt nach Bonn hatte mich schon wahnsinnig erschöpft. Da die Oberärztin an dem Tag nicht da war, blieb uns nichts anderes übrig, als nach Hause zu fahren. Der anwesende Arzt versprach am nächsten Morgen bis 9uhr anzurufen, denn um diese Uhrzeit müsste ich Blutverdünner gegen meine Thrombose spritzen und wenn ich spritze, darf ich 24 Stunden nicht operiert werden. Er meldete sich nicht und wir versuchten Stundenlang jemanden zu erreichen, bis Mittags endlich die Oberärztin anrief. Sie hatte alles Mögliche in Bewegung gesetzt und wir sollten dann sofort einchecken kommen und ich würde am nächsten Tag operiert.

Ab Donnerstag abends durfte ich nichts mehr essen. Freitag morgens um 7 Uhr wurde mir Blut abgenommen, um kurz vor 9 Uhr wurden wir zum Kreißsaal gebracht, doch es machte keiner auf. Die Schwester telefonierte rum und sagte uns dann das sie uns erstmal zurück aufs Zimmer bringen sollte. Dort kam die Stationsärztin und sagte das mein Blutverdünner-Wert zu hoch war und wir bis 14Uhr warten mussten um dann den nächsten Bluttest zu machen. Um 14Uhr war ich am Ende und der Wert immer noch zu hoch. Jetzt bekam ich auch noch Panik das die Oberärztin ins Wochenende starten würde und ich nicht vor Montag operiert würde. Uns wurde versprochen das sie extra länger bliebe um mich noch am selben Tag zu operieren, dieses mal sollten wir bis 18Uhr warten. Ich war nur noch am heulen und am schwitzen, zwischendurch schlief ich vor Erschöpfung ein, der mittlerweile angeschlossene Tropf brachte nichts und das Kind in meinem Bauch bekam auch richtig schlechte Laune.

Um 18Uhr kam die Oberärztin mit dem Anästhesisten. Es war nicht der Anästhesist der Gynäkologie sondern aufgrund meiner neurologischen Erkrankung von der Neuro, was ich eine sehr gute Idee fand. Außerdem überzeugte er mich schon da mit seiner Kompetenz und ehrlichen Art. was die beiden zu sagen hatten gefiel mir jedoch gar nicht, da ich nichts gegessen hatte und unter Stress stand war der Blutverdünner-Wert nun sogar gestiegen, ich konnte auf keinen Fall operiert werden. Jetzt brachen bei mir alle Dämme, so schlecht ging es mir im ganzen Leben noch nicht. Die Ärzte schlugen vor nochmal 6Stunden zu warten und wenn der Blutwert dann stimmte würden sie in der Nacht nochmal wieder kommen. Ich wollte nicht in der Nacht von Ärzten operiert werden die schon den ganzen Tag wach und am arbeiten waren; aber vor allem wollte ich nach über 24Stunden endlich etwas Essen.

Mein Mann war auch ziemlich sauer, denn auch wenn es natürlich nicht abzusehen war das mein Körper den Blutverdünner so langsam abbaut hätte man sich gewünscht das sowas vorher getestet werden würde. Vor allem da er der Schwangerschaft nur zugestimmt hatte, unter der Voraussetzung das das Kind sofort geholt werden kann wenn es mir schlecht geht.

Wir einigten uns also darauf das ich die nächsten 6Stunden erstmal essen durfte und am nächsten morgen ein neuer Versuch gestartet wurde.

Nun war ich mittlerweile so hungrig das ich schon fast nicht mehr essen konnte, aber es war trotzdem eine Wohltat und endlich merkte ich das das Kind in meinem Bauch zur Ruhe kam und ich aufhörte zu schwitzen.

Am nächsten morgen um 7Uhr also der nächste Bluttest, ich war sehr dankbar das die Stationsärztin extrem gut Blut abnehmen konnte und trotz meiner Roll- und Schlupfvenen keine blauen Flecke hinterließ.

Und endlich konnte es losgehen. Die Oberärztin wurde also aus ihrem Wochenende geholt und der Anästhesist von seiner Station. Wirklich klasse fande ich, das die Chefärztin der Anästhesie auch noch dazu geholt wurde, denn wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt das die Möglichkeit bestand das ich aus verschiedenen Gründen durch die Spinalanästhesie querschnittsgelähmt würde. Da fühlt man sich doch wohler wenn man zwei kompetente Anästhesisten an seiner Seite hat, die sich gegenseitig unterstützen. Außerdem erklärten sie mir jeden Schritt genau und waren wirklich sehr einfühlsam.

Leider wirkte die Betäubung auf meiner linken Seite nicht zu 100%. Ich wurde gefragt ob es geht oder ob ich nachbetäubt werden wollte. Ich wollte auf keinen Fall nachbetäubt werden und biss die Zähne zusammen. Nachdem ich wohl doch ein bisschen jammerte, wurde mir mehrfach stärkeres Schmerzmittel angeboten und nach einer Weile stimmte ich zu. Es tat trotzdem ganz schön weh und ich kann wirklich nicht verstehen wieso manche Frauen freiwillig ohne medizinische Indikation mehrere Kaiserschnitte über sich ergehen lassen. Dann flog kurz ein kleines Babyknäul an mir vorbei, was ich in dem Moment kaum registrierte. Als ich wieder zugenäht war, kam ich in den Kreißsaal zur Überwachung und dann kamen die Nachwehen (was mir später auffiel ist das wirklich viele Frauen nicht wissen das man auch beim Kaiserschnitt Nachwehen bekommt) Als ich von der OP-Liege auf das normale Bett verfrachtet wurde, wachte dann die rechte Hälfte auf und die linke wurde taub. Ich vermute das lag an meiner Skoliose. Ich war so erleichtert das ich offensichtlich nicht querschnittsgelähmt war, das ich fast weinte vor Freude.

Baby boy wurde von den Kinderärzten versorgt und auf die Neonatologie gebracht.